Bulgaren in Europa: Entstehung und Etablierung Donau-Bulgariens.

Als Entstehungszeitpunkt des mittelalterlichen bulgarischen Staates gilt das Jahr 681. Seitdem wächst Donau-Bulgarien an der nördlichen Grenze des Oströmischen Reiches (Byzanz) – ständige Konkurrenz und Rivale, sowohl als auch Schutz vor den nördlichen Barbaren – die beiden Mächte koexistieren 7 Jahrhunderte nebeneinander.

Noch im ersten Jahrhundert seiner Gründung behauptet sich Bulgarien als dem byzantinischen Imperium ebenbürtige militärische Macht. Im Jahr 717-718 ermöglicht der Bulgarische Khan Tervel (700–721) in der Belagerung von Konstantinopel den Sieg über die Araber und das Aufhalten der arabischen Invasion nach Ost- und Mitteleuropa. Dieser Erfolg ist mit dem Erfolg von Karl Martell in der Schlacht von Poitiers im Jahr 732 vergleichbar.

Anfang des 9. Jahrhunderts zählt Bulgarien zusammen mit dem Reich Karl des Großen und dem Oströmischen Reich zu den drei mächtigsten Staaten auf dem europäischen Kontinent.

863 kehren die Bulgaren zum Christentum und erleben im darauffolgenden Jahrhundert eine kulturelle Blütezeit, die die Basis für den bevorstehenden kulturellen und politischen Aufstieg Kiewer Rus darstellt. Am Anfang des 10. Jahrhunderts stellt der bulgarische Herrscher Zar (Kaiser) Symeon die politische Existenz des oströmischen Reiches in Frage.

Ende des 9. Jahrhunderts finden die Schüler der Slawenapostel Kyrill und Method einen Zufluchtsort im damaligen bulgarischen Staat und damit schaffen sie die Basis für eine nachhaltige kulturelle Entwicklung, die auch den kulturellen Erfolg Russlands, Serbiens und Rumäniens für lange Zeit bestimmen wird.

Anfang des 11. Jahrhunderts geht Bulgarien für mehr als 150 Jahren unter byzantinische Herrschaft.

Ende des 12. Jahrhunderts wird diese beendet. Am Anfang des 13. Jahrhunderts spielt Bulgarien wieder eine Schlüsselrolle in der Region. Bis Mitte des 13. Jahrhunderts steigt der Staat wieder zur Hauptmacht auf der Balkanhalbinsel auf.

Im 14. Jahrhundert erlebt Bulgarien eine neue Blütezeit, bevor es am Ende dieses Jahrhunderts unter die Osmanen untergeht. Trotzdem bleiben die kulturellen Errungenschaften des Landes erhalten und werden in Länder wie Serbien und Russland weiterverbreitet. Um die Jahrhundertwende werden z.B. zwei bulgarische Geistige zu russischen Metropoliten ernannt – Kyprian in Moskau und Gregory Tsamblak in Kiew-Litauen.

Zusammengefasst gelingt es Bulgarien, in den ersten 150 Jahren nach seiner Gründung der Hauptkonkurrent des oströmischen Reiches und bis zur Osmanischen Herrschaft einer der Hauptakteure auf dem Balkan zu werden. Über diese zum Teil unglaublich schnelle kulturelle, sowohl als auch politische Entwicklung Bulgariens werde ich in diesem Vortrag erzählen.

Eckdaten :

632-668 : Großbulgarisches Reich (Magna Bulgaria) am Kaspischen Meer.

681 : Gründung Donau-Bulgariens.

681-1018 : Erstes bulgarisches Reich.

717-718 : Khan Terwel trägt entscheidend dazu bei, dass die Belagerung Konstantinopels durch die Araber beendet wird.

863/4 : Christianisierung Bulgariens.

863 : Hl. Kyrill erfindet das glagolitische Alphabet.

886/887 : Die Schüler von Kyrill und Method kommen vom Groß Mähren nach Bulgarien.

893-927 : Herrschaft von Symeon dem Großen – goldenes Zeitalter der bulgarischen Kultur.

971 : Eroberung von Preslaw durch die Truppen des griechischen Kaisers Ioannes Tzimiskes.

1018 : Untergang des ersten bulgarischen Reiches unter den Byzantinern.

1185 : Aufstand von Assen und Peter in Tarnowo und Wiederherstellung des bulgarischen Staates.

1187-1396 : Zweites bulgarisches Reich.

1205 : Der bulgarische Zar Kalojan besiegt in der Schlacht bei Adrianopel den lateinischen Kaiser Balduin den I.

1218-1241 : Herrschaft von Johannes Assen II – der größte politische Aufstieg des bulgarischen Reiches.

1331-1371 : Herrschaft von Iwan Alexander – Kulturelle Blütezeit des zweiten bulgarischen Reiches.

1393 : Eroberung von Tarnowo durch die Osmanen.

1396-1878 : Osmanische Herrschaft.

1762 : Paissi von Hilendar veröffentlicht sein Buch Slawo-bulgarische Geschichte, das als Anfang der bulgarischen nationalen Wiedergeburt gilt.

1824-1872 : Durchsetzen und Etablierung bulgarischer Nationalkirche.

1878 : Befreiung Bulgariens im Laufe des russisch-türkischen Krieges.

1912-1913 : Balkan Kriege.

1914-1918, 1941-1945 : In den beiden Weltkriegen versucht Bulgarien die nationale Einheit zu erreichen.

9.09.1944 : Einmarsch der russischen Streitkräfte in Bulgarien und Aufbau einer sozialistischen Herrschaft nach dem russischen Vorbild (bis 10.11.1989)

freitag, 21. MAI

10:00 UHR

Ihr Dozent

Dr. Dimiter Peev ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Slawistik und Kaukasusstudien der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er hat Indologie an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg, Russland, und Slawistik an der Sofioter Universität studiert. 2016 promoviert er an der Uni Sofia mit einer Untersuchung der mittelalterlichen slawischen Übersetzung des Jüdischen Krieges von Josephus Flavius. Seit 2003 unterrichtet er Altkirchenslawisch und Geschichte der bulgarischen, bzw. südslawischen Sprachen an der Uni Sofia, Humboldt Universität zu Berlin und Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Interessen liegen im Gebiet der slawischen Sprachgeschichte, mittelalterlichen Geschichtsquelleп-Forschung und Epigraphik.

Lesetipps :

R. J. Crampton: A Concise History of Bulgaria. Cambridge University Press, Cambridge/New York 2005, ISBN 0-521-85085-1.

Daniel Ziemann: Vom Wandervolk zur Großmacht: die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter. Böhlau, Köln u.a. 2007.

The Bulgarian State in 927–969. The Epoch of Tsar Peter I. Ed. By Mirosłav J. Leszka, Kirił Marinow. – In: Byzantina lodziensia XXXIV (2018). 

Христо Матанов. В търсене на средновековното време. Неравният път на българите. (VII–XV в.). София: ИК „Гутенберг“, 2014.

Hans-Dieter Döpmann: Kirche in Bulgarien von den Anfängen bis zur Gegenwart. Biblion-Verlag, München 2006, ISBN 3-932331-90-7

Петър Ников. Възраждане на българския народ: църковно-национални борби и постижения. София, 1934; препеч. София, 1971 и София, 2008.

Тончо Жечев. Българският Великден или страстите български. София, 1975.

Die Bulgaren in ihren historischen, ethnographischen und politischen Grenzen. (Atlas mit 40 Landkarten.) Vorwort von D. Rizoff, Königlichen Bulgarischen Gesandten in Berlin. Berlin. Königliche Hoflitographie, Hof-Buch- und – Steindruckerei Wilhelm Greve, 1917.