Der Untergang des Römischen Reiches
Dekadenz, Luxus, schwache Herrscher, Christen, Völkerwanderung, Finanzkrisen, Bleivergiftungen, neuerdings Klima und Pandemien – die Liste der Gründe, die in der Geschichtswissenschaft für das Ende des Römischen Weltreiches verantwortlich gemacht werden, ist lang und fast beliebig verlängerbar. Inzwischen kursieren in der Forschung und in den Medien weit mehr als 200 Theorien über den Fall von Rom.
Die Römer selbst glaubten, ein Reich von ewiger Dauer geschaffen zu haben. Über Jahrhunderte hinweg beherrschten sie die gesamte Mittelmeerwelt. Römische Kultur und Zivilisation erstreckten sich von Spanien bis nach Syrien, von Nordafrika bis zu den Britischen Inseln. Das Ende kam im 5. Jahrhundert mit der Absetzung des Kaisers Romulus Augustulus. Der letzte der Caesaren wurde, gerade einmal 16 Jahre alt, von dem siegreichen germanischen Heerkönig Odoaker in den Ruhestand geschickt. Vorausgegangen war eine Serie von Krisen, Katastrophen und Rückschlägen, die dem römischen Staat und der römischen Gesellschaft schwer zugesetzt hatten.
Der Vortrag beschreibt kompakt und anschaulich die turbulenten letzten Jahrzehnte des einst so stolzen und mächtigen Imperiums und liefert Antworten auf die zentralen Fragen: Warum ging das Römische Reich unter? Wie haben die Zeitgenossen die Ereignisse wahrgenommen und gedeutet? Und lassen sich aus dem Untergang Roms Lehren für die Gegenwart ziehen?
Aber ist Rom wirklich untergegangen? Was am Ende des 5. Jahrhunderts von der Bühne der Geschichte verschwand, waren die staatlichen Strukturen und die politischen Protagonisten im Westen. Das Oströmische Reich existierte noch gut 1000 Jahre länger, bis zur Eroberung von Konstantinopel durch die Türken im Jahr 1453. Auf dem Boden des Weströmischen Reich etablierten sich die germanischen Nachfolgestaaten unter der Führung der Franken. Roms reiches kulturelles Erbe aber wirkte fort, über das Mittelalter und die Neuzeit bis in die Gegenwart hinein, nicht nur als nostalgische Erinnerung, sondern als ein höchst vitaler Faktor.
Eckdaten :
375 : Mit der Westwanderung der Hunnen beginnt die Zeit der großen Völkerwanderungen.
395 : Tod des Theodosius. Teilung des Römischen Reiches. Das Christentum ist Staatsreligion.
402 : Ravenna wird Hauptstadt des Weströmischen Reiches und Residenz des Kaisers Honorius.
410 : Die Westgoten unter Alarich erobern die Stadt Rom.
429 : Die Vandalen erobern unter Geiserich Nordafrika.
ab 442 : Züge der Hunnen unter Attila.
451 : Niederlage der Hunnen bei den Katalaunischen Feldern gegen eine römisch-westgotische Koalition.
455 : Die Vandalen plündern die Stadt Rom.
23. August 476 : Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustulus durch den germanischen Heerkönig Odoaker. Ende des Weströmischen Reiches.
Ihr Dozent
Prof. Dr. Holger Sonnabend lehrt Alte Geschichte am Historischen Institut der Universität Stuttgart.
Er publizierte unter anderem Katastrophen in der Antike, Darmstadt/Mainz 2013 ; Nero. Inszenierung der Macht, Darmstadt 2016 ; und Antike 100 Seiten, Stuttgart 2017.
Lesetipps :
Alexander Demandt, Der Fall Roms. Die Auflösung des Römischen Reiches im Urteil der Nachwelt, 2. Aufl. München 2015.
Kyle Harper, Fatum. Das Klima und der Untergang des Römischen Reiches, München 2020.
Peter Heather, Der Untergang des Römischen Weltreichs, Stuttgart 2007.