DER SOMMER IN DER KUNST

„Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war.“ Mark Twains humorvoller Aufforderung zum Müßiggang in der warmen Jahreszeit schließt man sich gerne an. Lassen wir also mit einem kühlen Getränk in der Hand die unbeschwerte Sommerzeit in der Kunst auf uns wirken, etwa Édouard Manets skandalöses „Frühstück im Grünen“ oder eine pointillistische Szene an der Côte d’Azur von Paul Signac.

In Jahreszeitenfolgen erscheint der Sommer schon in der Antike: als Göttin des Ackerbaus, Ceres, oder als weibliche Personifikation mit Sichel, Ähren und Früchten. In der hochmittelalterlichen Kirchenkunst erinnern Reliefs der Monate mit ihren typischen Arbeiten den Menschen an seine Aufgaben im Jahreslauf, etwa an die Heuernte im Juli, kombiniert mit den Tierkreiszeichen. Immer wieder neue Details entdeckt man auf den Monatsbildern der spätmittelalterlichen Wand- und Buchmalerei, wie im Stundenbuch des Herzogs von Berry, in dem das Kalenderbild für den August auch eine Badeszene im Fluss zeigt.

Die Tradition der Kalenderillustration steigerte Pieter Bruegel d. Ä. 1565 in seiner Jahreszeitenfolge ins Monumentale. Personifizierte Jahreszeiten wurden seit der Renaissance neben den Elementen, Kontinenten, Sinnen etc. ein beliebtes Sujet in der Ausstattung von Gebäuden des Adels wie des Bürgertums, wobei Arcimboldos verblüffende Kompositköpfe bis heute sicherlich am ungewöhnlichsten sind. In prachtvoller Fülle kamen im Barock die Personifikationen aus Cesare Ripas Iconologia zur Anwendung, von Gartenskulpturen bis zu Deckenmalereien.

Aus diesem Repertoire schöpfen noch Alfons Muchas elegante Jahreszeiten-Figuren, die zu Ikonen des Jugendstils geworden sind. Keine Stilrichtung konnte jedoch die flimmernde Atmosphäre eines Sommertags besser einfangen als der Impressionismus mit seiner Freiluftmalerei.

In unserer vierteiligen Vortragsreihe wollen wir die jeweilige Jahreszeit mit den Augen der Künstler betrachten, um sie darüber hinaus in Museen, Schlössern und Parks identifizieren und entsprechend würdigen zu können – auch in Wechselwirkung mit den Freuden eines Spaziergangs in der Natur.

Eckdaten :

1565 : Pieter Bruegel d. Ä., Die Heuernte, Prag, Palais Lobkowitz in der Prager Burg.

1565 : Pieter Bruegel d. Ä., Die Kornernte, New York, Metropolitan Museum.

1563 : Giuseppe Arcimboldo, Der Sommer, Wien, Kunsthistorisches Museum.

1660–64 : Nicolas Poussin, Der Sommer oder Ruth und Boas, Paris, Musée du Louvre.

1863 : Edouard Manet, Das Frühstück im Grünen, Paris, Musée d’Orsay.

1880–81 : Pierre-Auguste Renoir, Das Frühstück der Ruderer, The Phillips Collection, Washington, D.C.

1884–86 : Georges Seurat, Ein Sonntagnachmittag auf der Île de la Grande Jatte, The Art Institute of Chicago, Helen Birch Bartlett Collection.

1896 : Paul Signac, Golfe Juan, Worcester Art Museum.

ab 1896 : Alfons Mucha, Die vier Jahreszeiten, mehrere Serien von Farblithographien.

1900 Claude Monet, Der Garten des Künstlers in Giverny, Paris, Musée d'Orsay.

Ihre Dozentin

Sonja Lucas ist Kunsthistorikerin, Sachbuchautorin, Lektorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung und lebt in Aachen. Im Verlag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, für den sie seit rund 20 Jahren arbeitet, veröffentlichte sie unter anderem Wege zur Weihnacht. Entdeckungen in Deutschlands Denkmalen und Zu Gast im Denkmal. Historische Bauwerke bitten zu Tisch. Ihr besonderes Interesse gilt der Ikonographie, der Deutung von Motiven in der Kunst.

Lesetipps :

Allegorie. Die Sprache der Bilder, Ausstellung Residenzgalerie Salzburg 2017 (Beiträge von Erika Oehring und Alexandra Hanzl S. 57–96)

Herold, Inge Pieter Bruegel. Die Jahreszeiten, Prestel Verlag, München 2002

Greub, Thierry (Hg.) Das Bild der Jahreszeiten im Wandel der Kulturen und Zeiten, Wilhelm Fink Verlag, München, Paderborn 2013 (auch online verfügbar)

Bertram Kaschek  Weltzeit und Endzeit. Die "Monatsbilder" Pieter Bruegels d. Ä., Wilhelm Fink Verlag München 2012