Symbolik von Gegenständen
und Zeichen in der Kunst
Wofür stehen Gegenstände wie die Weltkugel, der Spiegel, das Herz, die Sanduhr, Seifenblasen oder Spielkarten in der Kunst? Und wofür Zeichen wie das Dreieck, das Auge oder Flammen? Zur Veranschaulichung abstrakter Begriffe – etwa Freiheit, Gerechtigkeit, Glück, Liebe oder Neid, Hochmut, Vergänglichkeit etc. – bediente man sich über Jahrhunderte hinweg einer Vielzahl von Gegenständen und Zeichen, oft auch in Kombination mit Tier- und Pflanzensymbolik. Teilweise lassen sich derartige Sinnbilder gut erschließen, oft sind sie heutzutage jedoch kaum noch bekannt, auch weil ihre Quellen weitgehend in Vergessenheit geraten sind.
In dieser Einführung in die Bildsprache von Gegenständen und Zeichen in der Kunst kommen wir ihrer jeweiligen Bedeutung im kirchlichen und weltlichen Kontext auf die Spur. Das vorgestellte Spektrum an Kunstwerken datiert von der Romanik über Renaissance, Barock und Romantik bis zum Surrealismus und umfasst Kirchenkunst, Allegorien und Porträts ebenso wie Stillleben und die Genre- und Landschaftsmalerei. Anonyme Künstler bedienten sich ihrer gleichermaßen wie die großen Meister, darunter Hieronymus Bosch, Giovanni Bellini, Albrecht Dürer, Nicolas Poussin und Jan Vermeer.
Ein besonderes Augenmerk des Vortrags liegt dabei auf Renaissance und Barock, als man sich im Zuge der Rückbesinnung auf die Antike verstärkt einer breit gefächerten allegorischen Bildsprache zuwandte. Die Summe der damaligen Ausdrucksformen bildet ein Handbuch mit dem Titel Iconologia von Cesare Ripa (um 1555 –1622), der als hoher Angestellter im Haushalt eines Kardinals in Rom Zugang zu Bibliotheken und Kunstsammlungen besaß. Seit ihrer Erstauflage im Jahr 1593 erlebte die Iconologia zahlreiche erweiterte Neuauflagen und Übersetzungen bzw. fremdsprachliche Kurzfassungen und sollte über zwei Jahrhunderte für Künstler und Programmentwerfer d a s maßgebliche Nachschlagewerk werden, eine „Bibel“, wie der Kunsthistoriker und Iconologia-Wiederentdecker Emile Mâle 1927 feststellte.
Schärfen wir also unseren Blick für die nur scheinbar nebensächlichen Details in Kirchen, Schlössern, Rathäusern oder Museen, denn sie haben viel zu erzählen!
Eckdaten :
1150/1170 : „Glücksrad“ (Rad der Fortuna), Basler Münster.
nach 1225 : „Ecclesia und Synagoge“, Straßburger Münster, Südquerhausportal.
um 1430 : Meister von Flémalle (Robert Campin), „Merode-Tripytchon“, New York, Metropolitan Museum, The Cloisters.
1503/04 : Hieronymus Bosch, „Hölle“ aus dem „Garten der Lüste“ (rechter Innenflügel), Madrid, Prado.
1533 : Hans Holbein d. J., „Die Gesandten“, London, National Gallery.
ab 1593 : Cesare Ripa, ,Iconologia‘, Rom, ikonographisches Wörterbuch mit abstrakten Begriffen in Gestalt von Personifikationen mit Attributen, u. a. auch zahlreiche Gegenstände und Zeichen; Einfluss bis ca. 1810.
1646–52 : Gian Lorenzo Bernini, „Die Zeit enthüllt die Wahrheit“, Rom, Galleria Borghese.
um 1662/64 : Jan Vermeer, „Mädchen mit Waage“ (Die Perlenwägerin), Washington, National Gallery.
um 1834 : Caspar David Friedrich, „Utkiek“ („Die Lebensstufen“), Leipzig, Museum der Bildenden Künste.
1931 : Salvador Dalí, „Die zerrinnende Zeit“ („Die Beständigkeit der Erinnerung“), New York, Museum of Modern Art.
Ihre Dozentin
Sonja Lucas ist Kunsthistorikerin, Sachbuchautorin, Lektorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung und lebt in Aachen. Im Verlag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, für den sie seit rund 20 Jahren arbeitet, veröffentlichte sie unter anderem Wege zur Weihnacht. Entdeckungen in Deutschlands Denkmalen und Zu Gast im Denkmal. Historische Bauwerke bitten zu Tisch. Ihr besonderes Interesse gilt der Ikonographie, der Deutung von Motiven in der Kunst.
Lesetipps :
Battistini, Matilde Symbole und Allegorien, Parthas Berlin 2003 (Bildlexikon der Kunst 3)
Carr-Gomm, Sarah Die geheime Sprache der Kunst. Die Bedeutung von Symbolen, Zeichen und Figuren der abendländischen Malerei, Random House, München 2006
Kretschmer, Hildegard Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst, Philipp Reclam jun., Stuttgart 2008
Lexikon der christlichen Ikonographie, begründet v. Engelbert Kirschbaum und hg. v. Wolfgang Braunfels, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2012