Schloss Ludwigslust 

das Versailles des Nordens

Noch nie etwas von Ludwigslust gehört? Dann wird es Zeit, dies zu ändern und die (virtuelle) Reise ins westliche Mecklenburg-Vorpommern anzutreten. Das majestätische Schloss – auch „Versailles des Nordens“ genannt – und seine kostbare Ausstattung mit Möbeln, Gemälden (u. a. von Jean-Baptiste Oudry), Skulpturen (u. a. Büsten von Jean-Antoine Houdon), Porzellanobjekten und mehr versetzen uns zurück in die Zeit des späten 18. Jahrhundert. Gleiches gilt für das planmäßig angelegte einstige Residenzstädtchen und die säulenbestandene Schlosskirche mit Europas größtem Altargemälde (350 m2). Denn mitten im Nirgendwo, in der „Griesen Gegend“, wo seit 1735 nur ein einsames Jagdschlösschen stand, ließ Friedrich der Fromme ab 1764 die Residenz der (Groß-)Herzöge von Mecklenburg-Schwerin erbauen, während Schwerin Regierungssitz blieb.

Zu dem denkmalgeschützten Ensemble gehören neben dem eindrucksvollen Schloss der weitläufige Schlosspark mit seinen verträumten Wasserflächen, Kaskaden, Alleen und Gebäuden, die im Schatten des Schlosses errichteten Neben- und Amtsgebäude, Palais und anheimelnden Wohnhäuser der früheren Hofbediensteten sowie die ehemalige Schlosskirche. Eine spätabsolutistische Residenzstadt par excellence.

Das Gesamtensemble Ludwigslust – heute Mittelzentrum in der Metropolregion Hamburg mit rund 12 000 Einwohnern – wirkte bereits im Jahre 1766 anziehend auf Reisende. So schrieb der irische Gelehrte und Reiseschriftsteller Thomas Nugent: „Ich muss gestehen, dieser Ort hat alle meine Erwartungen bei weitem übertroffen (…). Es bedürfte einer geübteren Feder als der meinigen, um Ihnen alle Reize dieses irdischen Paradieses zu beschreiben.“

In diesem Vortrag über das „irdische Paradies“ Ludwigslust kommt auch der Vergleich mit der französischen Residenz Versailles zur Sprache, seine Parallelen und Unterschiede, gewürzt mit Anekdoten über das Hofleben.

Doch wie konnte bei all dem Aufwand wenigstens ein bisschen gespart werden? Hier kam die Herzogliche Carton-Fabrique ins Spiel, die bis London und Paris lieferte. Deren kunstfertigen Erzeugnisse aus wetterfestem Papiermaché ermöglichten es, auf Marmor, Granit, Edelmetalle, Hölzer oder selbst Stuck zu verzichten und trotzdem beim Betrachter eine perfekte Illusion dieser Materialien zu erzeugen. Mit Hilfe von Altpapier aus den herzoglichen Amtsstuben entstanden Skulpturen, Büsten, Reliefs, Wandverzierungen, Möbelstücke, ja sogar die gesamte Raumdekoration des Goldenen Saals im Schloss. Das genaue Rezept für den Ludwigsluster Carton nahm sein Erfinder mit ins Grab. Auch wenn die Entstehung mancher Ludwigsluster Kostbarkeiten auf immer ein Geheimnis bleibt – dieser Vortrag wirft ein Blick hinter die prachtvollen Kulissen.

Eckdaten :

1731–1735 : Errichtung des ersten Jagdschlosses von Johann Friedrich Künnecke in Klenow, später Ludwigslust genannt.

1752/1753 : Schlosserweiterung durch Jean Laurent Legeay (1777 abgetragen).

1764–1837 : Ludwigslust dient als Residenzstadt der (Groß-)Herzöge von Mecklenburg-Schwerin.

1765–1770 : Bau der frühklassizistischen Hofkirche, der heutigen Stadtkirche, durch Johann Joachim Busch.

1772–1776 : Bau des spätbarocken Schlosses durch Johann Joachim Busch.

1773 : Bau des herzoglichen Gästehauses (heute Hotel de Weimar).

1773–1875 : Johann Georg Bachmann betreibt die Ludwigsluster Carton-Fabrique.

1830–32 : Bau des klassizistischen Palais Bülow.

2014 : Kauf der Kunstsammlung der mecklenburgischen Herzöge durch das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Seit 2016 : Präsentation der Kunstsammlung in Schloss Ludwigslust in derzeit 18 Audienz- und Wohnräumen.

Ihre Dozentin

Sonja Lucas ist Kunsthistorikerin, Sachbuchautorin, Lektorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung und lebt in Aachen. Im Verlag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, für den sie seit rund 20 Jahren arbeitet, veröffentlichte sie unter anderem Wege zur Weihnacht. Entdeckungen in Deutschlands Denkmalen und Zu Gast im Denkmal. Historische Bauwerke bitten zu Tisch. Ihr besonderes Interesse gilt der Ikonographie, der Deutung von Motiven in der Kunst.

Lesetipps :

Jean-Baptiste Oudry. Jean-Antoine Houdin. Vermächtnis der Aufklärung, Sammlung Staatliches Museum Schwerin, hg. v. Kornelia von Berswordt-Wallrabe, Ausstellung Schwerin 2000.

Lucas, Sonja Zu Gast im Denkmal. Historische Bauwerke bitten zu Tisch, Monumente Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Bonn 2018 (Kapitel: Hotel de Weimar, Ludwigslust – Geburtstagsfeier für eine Prinzessin, S. 62–75).

Schatz entdeckt! Der verschollene Planschatz der Mecklenburger Herzöge, hg. v. den Staatlichen Schlössern, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Sandstein Verlag Dresden, Ausstellung Schwerin 2018.

Schloss Ludwigslust, hg. vom Staatlichen Museum Schwerin, Ludwigslust, Güstrow und den Staatlichen Schlössern und Gärten Mecklenburg-Vorpommern, Deutscher Kunstverlag Berlin / München 2016.